Der Titel meines heutigen Beitrags ist möglicherweise ein klein wenig irreführend. Irgendjemand liest das hier jetzt vielleicht und denkt sich: „Krukenburg? Moment mal… da war ich doch auch schonmal. Aber wo will die da mit dem Rollstuhl hin?“ Sie will natürlich nicht AUF die Burg mit dem Rollstuhl. Aber sie will auf jeden Fall zur Krukenburg. Und der Rolli muss selbstverständlich mit.

Was ist das für eine Burg?
Anders als in meiner Vorstellung
Als wir beschließen, einen Ausflug zur Krukenburg zu machen, stelle ich mir zuerst ein immenses Areal vor, mit alten, verwinkelten, zu großen Teilen noch erhaltenen oder wieder aufgebauten Gebäuden, so wie ich sie von unseren Tagestouren aus Kindertagen kenne. Wo wir stundenlang rumtoben, entdecken, Geheimnisse lüften konnten. Wo wir Geschichten erfanden und zusammen mit den Rittern und Burgfräuleins der Vergangenheit spielten. Wo wir am Ende des Tages immer noch nicht alle Winkel erkundet und noch nicht alle Geheimverstecke gefunden hatten.
Die Krukenburg ist eine ehemalige Kirchenburg
Im Laufe des Tages wird sich herausstellen, dass die Krukenburg, die oberhalb von Helmarshausen bei Bad Karlshafen liegt, anders ist als ich sie mir vorgestellt habe. Sie ist kleiner als ich dachte und auch weniger gut erhalten. Wir haben es hier mit einer Ruine einer ehemaligen Kirchenburg zu tun, die ihren ganz besonderen Charme hat.
Die teils zerfallenen, dicken Steinmauern vermitteln einem das Gefühl, in eine noch weiter zurückliegende Vergangenheit zu reisen, als es komplett erhaltene Bauten tun.

Der Weg führt nach oben
Der Weg ist steinig und steil
Wir machen uns mal wieder auf, ohne zu wissen wie weit wir kommen. Die erste Herausforderung stellt bereits das Erreichen des Kassenhäuschens dar. Vom Parkplatz aus führt ein relativ steiler, unebener Weg bis zu dem kleinen Kiosk. Dort kann man sowohl die Eintrittskarten für günstiges Geld als auch ein paar Getränke und – soweit ich mich erinnere – auch Schokoriegel und dergleichen kaufen.
Es ist möglich, dass wir mit dem Behinderten-Parkausweis sogar bis hierhin hätten fahren und hier parken können. Aber wir haben das nicht ausprobiert und uns für den schwierigeren Weg entschieden.
Nicht machbar ohne Begleitperson
Als Selbstfahrer hat man hier, meiner Einschätzung nach, keine Chance. Es gibt 3 Gründe dafür, warum uns heute Rox statt Reiko begleiten darf:
- Mein Gedächtnis wird immer schlechter
- Reiko hat sich meiner Merkfähigkeiten noch nicht angepasst und lädt seine Turbo-Räder noch immer nicht freiwillig und selbstständig auf
- Die Nicht-Turbo-Räder von Reiko haben Slick-Reifen drauf, das heißt sie sind ganz glatt, ohne Profil und deshalb für steinige Untergründe draußen überhaupt nicht geeignet.
Wer ist eigentlich Rox?

Rox ist mein Zweit-Rollstuhl. Er ist ebenfalls ein Sopur Xenon2 Aktiv-Rolli, der seit mehreren Monaten darauf wartet mit einem elektrischen Zusatzantrieb ausgestattet zu werden. Dank Lieferschwierigkeiten des Herstellers muss er aber noch etwas länger warten (Nachtrag 18.04.2024: der elektrische Zusatzantrieb ist mittlerweile da und nicht mehr wegzudenken). Deshalb sind heute auch mal wieder die gesunden Muskeln meines Freundes gefragt.
Es wird noch steiler
Nachdem wir den Eintritt und zur Stärkung noch 2 kleine Getränkeflaschen bezahlt haben, betreten/berollen wir das Gelände der Burgruine. Also fast. Vor uns liegt nur noch ein huckeliger, ca. 50 Meter langer, noch steilerer Stich, der es wirklich in sich hat.
Mein Freund fragt mich ob ich bereit bin, atmet noch 2 mal tief durch und beginnt mich mit möglichst viel Schwung den unregelmäßig kopfsteingepflasterten Weg hoch zu schieben.
An dieser Stelle soll auch die tatkräftige Unterstützung seiner beiden Kinder nicht unerwähnt bleiben. Die spornen ihn unermüdlich zum Durchhalten an. Durch Anschieben von hinten, durch das Bereithalten einer bereits aufgedrehten, noch gut gekühlten Flasche Cola und durch motivierendes Zureden.
Wir sind oben
Burggelände erkunden

Auf dem mühsam erreichten Gelände erwarten uns herrliche, alte, teils zerfallene Gemäuer. Mir macht es nichts aus, auf der kühlen, leicht bemoosten Steinmauer abgesetzt zu werden. Von hier aus kann ich die anderen 3 bestens beim Rumalbern beobachten. Ich freue mich, die beiden im besten Zickenalter befindlichen Mitglieder meiner Familie unbeschwert auf den dicken Mauern rumklettern zu sehen. Ich freue mich, dass sie – zumindest kurzzeitig – auch ohne Handy, Tablet, PC, Youtube, TikTok, usw. noch Spaß haben können.

Ein bisschen Wehmut ist dann doch dabei
Ich kann mich gut an der Freude anderer erfreuen. Das heißt aber nicht, dass es mir nicht noch mehr Glücksgefühle bescheren würde, wenn ich die Wände, wie früher, selbst noch erklimmen könnte. Wenn ich nach dem Wettrennen um die ganze Burg mit den anderen nach Luft japsen könnte. Oder wenn ich beim Verstecken spielen mitmachen könnte. Da hinten in der Ecke scheint nämlich eine kleine Kammer zu sein, die schon ganz zugewuchert ist und die die anderen noch nicht entdeckt haben. Da würden sie mich bestimmt nicht finden.
Noch höher hinaus
Kann man diesen Turm besteigen?

Ja, man kann. Man muss lediglich 122 dicke Steinstufen bezwingen.
Woher ich das weiß? Tja, ich war oben. In meinem Bericht über unseren Ausflug zum Weser-Skywalk habe ich ja schonmal erwähnt, dass ich den besten Mann der Welt habe. Der beste Mann der Welt hat die 60 zusätzlichen Kilos auf seinem Buckel ohne zu murren die ganzen 122 Stufen nach oben geschleppt. Dank der 3,70 Meter dicken Steinmauern ist die Innentemperatur wenigstens angenehm kühl.

Oben angekommen
Nachdem ich ihm 5 Schweigeminuten gegönnt habe, um ihn wieder zu Atem kommen zu lassen, kann er mir auch meine Frage beantworten, warum er sich das antut. „Weil ich dich liebe. Und weil ich es liebe, dir Dinge zu ermöglichen, die du für unmöglich hältst. Und weil ich es liebe, deine Augen so strahlen zu sehen wie jetzt.“
Oben auf dem 23 Meter hohen Bergfried angekommen darf man zur Belohnung die herrliche Aussicht über Helmarshausen und das nordhessische Bergland genießen.

Übrigens habe ich mir sagen lassen, dass es nicht unbedingt leichter ist, einen erwachsenen Menschen 122 Stufen treppab zu tragen als treppauf. Ich kenne ja jetzt jemanden, der dazu aus eigener Erfahrung berichten kann.
Unser Fazit zur Idee die Krukenburg mit dem Rollstuhl zu besuchen
Nach ca. 3 Stunden haben die Teenies alles erklettert und erkundet, und auch wir haben alles gesehen. Der Abstieg ist nicht leichter als der Aufstieg. Aber es hat sich gelohnt.
Für einen ganzen Tagesausflug würden wir die Krukenburg wahrscheinlich nicht wählen, aber ein paar schöne Stunden kann man dort schon verbringen. Auch mit Rollstuhl.