Wer die Wahl hat, hat die Qual
Wenn man sich mit dem Thema Rollstuhl auseinandersetzt, kann es passieren, dass man vor der Frage steht: manuell oder elektrisch? Aber wusstet ihr, dass es noch eine dritte Möglichkeit gibt? Manuelle Rollstühle mit angebauter elektrischer Steuerung vereinen viele Vorteile der beiden anderen Varianten. Außerdem bieten sie etwas mehr Flexibilität, was die Verwendungsmöglichkeiten angeht. Dieser Beitrag soll euch einen groben Überblick über die Vor-und Nachteile der 3 Rollstuhl-Typen geben. Möglicherweise hilft das dem ein oder anderen ein bisschen bei der Entscheidungsfindung.
1. Manuelle Rollstühle – die Klassiker
Wir wollen in diesem Artikel die Möglichkeiten untersuchen, die wir haben, wenn wir uns möglichst eigenständig mit dem Rolli durchs Leben bewegen wollen. Vor diesem Hintergrund wäre ein starrer, unangepasster Standard-Rollstuhl so ziemlich die schlechteste Wahl. Wollt ihr ununterbrochen von einer Hilfsperson durch die Gegend geschoben werden, dann ist der Standard-Rollstuhl für euch völlig ausreichend. Das 0815-Modell kostet nicht viel und sollte in jedem Sanitätshaus ohne große Wartezeit zu bekommen sein.
Wollt ihr unabhängig sein, und habt die Möglichkeit dazu, solltet ihr euch wahrscheinlich für einen Aktiv-bzw. Adaptiv-Rollstuhl entscheiden. Ganz wichtig hierbei ist, dass der Rollstuhl individuell an den Nutzer angepasst werden kann.
Vorteile:
- Leicht, kompakt und wendig: Aktiv-Rollstühle sind in der Regel leichter, kompakter und wendiger. Das macht sie einfach zu transportieren, vor allem, wenn ihr viel unterwegs seid und euren Rollstuhl z.B. ins Auto packen möchtet. Außerdem ist es damit einfacher, sich durch enge Türen, volle Cafés oder zugemüllte Garagen zu schlängeln.
- Aktives Fahren: Wer manuell fährt, stärkt seine Arme und seinen Oberkörper – Gratis Training, immer inklusive. Das kann ein großer Vorteil sein, wenn ihr euch fit halten wollt.
- Kosten: Manuelle Rollstühle haben im Vergleich zu elektrischen Modellen weniger Technik, die kaputt gehen könnte. Da ihr euch keine Gedanken über Batterien oder technische Ersatzteile machen müsst, sind sie deshalb in der Wartung meist günstiger. Was den Anschaffungspreis betrifft, ist dieser bei manuellen Rollstühlen ebenfalls häufig unter dem seines elektrischen Pendants anzusiedeln. Wobei dieses Argument, je nach Rollstuhlmodell, auch nicht immer zieht. Denn sowohl von dem einen, als auch von dem anderen bekommt man natürlich Modelle VON – BIS.
Nachteile:
- Kraftaufwand: In diesem Punkt schlummert für mich persönlich der größte Nachteil. Denn um euch fortzubewegen, müsst ihr eure Arme benutzen. Das kann auf Dauer wirklich, WIRKLICH anstrengend werden. Besonders auf langen Strecken oder bergauf. Außerdem hat nicht jeder – oft krankheitsbedingt – die benötigte Kraft und Ausdauer.
- Eingeschränkte Reichweite: Da ihr alleine durch Muskelkraft angetrieben werdet, sind lange Strecken und unwegsames Gelände schwer zu bewältigen
2. Elektrische Rollstühle – die Hightech-Variante
Vorteile:
- Maximale Unabhängigkeit: Elektrische Rollstühle bieten die Möglichkeit, euch mit einem Joystick mühelos durch den Alltag zu steuern. Lange Strecken zurückzulegen oder steile Hügel zu erklimmen sind damit problemlos möglich. Das ist besonders praktisch, wenn ihr gerne viel unterwegs seid oder eure Arme eine Pause brauchen.
- Komfort und Funktionen: Elektrische Rollstühle bieten oft mehr Sitzkomfort und tolle Extras wie verstellbare Sitze, Liegefunktionen, Höhenverstellbarkeit oder spezielle Federungen. Das kann im Alltag unglaublich hilfreich sein, gerade wenn ihr lange im Rollstuhl sitzt und auf spezielle Bedürfnisse Rücksicht nehmen müsst.
- Robust und geländetauglich: Moderne elektrische Rollstühle kommen dank starker Motoren und robuster Bauweise mit unwegsamem Gelände besser klar. Kieswege, unebene Pflastersteine, schwieriges Terrain bis hin zu leichten Offroad-Abenteuern sind mit den kräftigen Reifen möglich.
- Reichweite: Elektrische Rollstühle verfügen meist über höher kapazitive Akkus als die Hybriden der Kategorie 3, die ihr gleich noch kennenlernen werdet. Dementsprechend erweitert sich selbstredend euer Bewegungsradius.
Nachteile:
- Schwer und unhandlich: Elektrische Rollstühle können ganz schön schwer und sperrig sein. Einfach mal ins Auto packen? Nicht so leicht. Abhilfe schaffen könnte – je nach Auto – eine Rampe. Ist dies nicht umsetzbar, können nochmal immense Kosten für ein angepasstes Verladesystem oder einen speziellen Transporter auf euch zukommen. Auch das Manövrieren in engen Räumen ist nicht immer so einfach, besonders in kleinen Wohnungen oder Geschäften.
- Höhere Kosten und mehr Wartung: Elektrische Rollstühle sind oft in der Anschaffung, insbesondere aber auch in der Wartung kostenintensiver. Batterieprobleme, elektronische Defekte oder kaputte Räder können schneller auftreten und erfordern eigentlich immer einen Fachmann.
- Abhängigkeit von der Batterie: Bei voll elektrischen Rollstühlen habt ihr nicht die Möglichkeit, das Gefährt die letzten Meter bis zur Steckdose mit Muskelkraft zu bewegen. Ihr seid vollkommen abhängig von der Technik. Wenn der Akku leer ist, steht ihr still. Da hilft nur eine gute, vorausschauende Akkuplanung.
3. Manuelle Rollstühle mit elektrischer Steuerung – die Hybriden
Manuelle Rollstühle mit zusätzlicher elektrischer Unterstützung kombinieren die Vorteile beider Welten. Als Basis dient ein herkömmlicher manueller Rollstuhl, dieser ist aber zusätzlich mit einem Motor bzw. mit einer elektrischen Steuerung ausgestattet. Oft kann das elektrische Antriebssystem nachgerüstet werden, so dass nicht zwingend ein neuer Rollstuhl angeschafft werden muss.
Vorteile:
- Flexibilität pur: Ihr könnt selbst entscheiden, wann ihr manuell und wann elektrisch fahren wollt bzw. könnt. Wenn ihr nur kurze Strecken vor euch habt und euch fit halten möchtet, lasst ihr die Elektrik ausgeschaltet und fahrt selbst. Für längere Strecken oder schwierigere Steigungen schaltet ihr einfach den elektrischen Antrieb hinzu.
- Leichter als voll elektrische Modelle: Hybride Rollstühle sind oft leichter als elektrische Rollstühle, da sie keine so massiven Batterien und Motoren benötigen. Das erleichtert den Transport und das Verstauen.
- Unabhängigkeit: Ihr bekommt die Freiheit eines elektrischen Rollstuhls, ohne die komplette Abhängigkeit von der Technik. Wenn der Akku leer ist, kann der Rollstuhl immer noch manuell weitergefahren werden.
Nachteile:
- Gewicht: Auch wenn Hybride leichter sind als voll elektrische Modelle, sind sie immer noch schwerer als rein manuelle Rollstühle. Das kann das Anheben oder Verstauen im Auto erschweren.
- Wartung: Auch hier müsst ihr euch um die Batterien und die Elektronik kümmern. Aber da ihr den Rollstuhl auch manuell nutzen könnt, seid ihr nicht komplett auf die Technik angewiesen.
Weder Vor- noch Nachteil:
- Kosten: Hybride Rollstühle liegen preislich zwischen den beiden anderen Varianten.
Welcher Rollstuhl soll es denn nun werden?
Der, der zu euch passt!
Im ersten Teil meines Artikels bin ich relativ neutral geblieben. In diesem – dem zweiten Teil – werde ich euch nicht vorenthalten, dass ich persönlich ein Fan der hybriden Variante bin. Sowohl Turbo-Rox als auch Turbo-Reiko vereinen die besten Eigenschaften der beiden ersten Kategorien. Ein paar Abstriche muss man natürlich immer machen. Denn, wie oben schon aufgezeigt, hat jedes Modell seine ganz persönlichen Stärken, die bei der hybriden Bauart oft nicht voll ausgeschöpft werden können. Am Ende ist der Hybride halt doch irgendwie „nur“ ein Kompromiss der anderen beiden Varianten. Für mich ist dieser Kompromiss allerdings genau das richtige.
Luxuslösung: ein Fuhrpark voller Rollstühle!
Um die maximalen Vorteile der beschriebenen Rollstühle voll auskosten zu können, würde sich wahrscheinlich am ehesten die kostspielige Lösung eines ganzen Rollstuhl-Fuhrparkes empfehlen.
Was in meinem Fuhrpark fehlt, ist ganz eindeutig die elektrische Hightech-Variante. Ich kann mir gut vorstellen, dass längeres Sitzen darin, gerade auf Ausflügen oder in unwegsamem Gelände einen ansonsten nicht zu erreichenden Komfort bietet. Besonders attraktiv erscheint mir die Möglichkeit, dank angebauter Kopfstütze, Kopf und Nacken regelmäßig entlasten zu können. Ob ich mit solch einem Luxus-Teil dann auch weniger Rückenschmerzen hätte? Vielleicht werde ich es irgendwann erfahren. Vielleicht auch nicht.
Vorm Ausprobieren, Probesitzen, Probefahren sträube ich mich ehrlich gesagt etwas. Warum? Ihr alle kennt das Sprichwort: „Wer einmal Blut geleckt hat…“? Und: „Was man nicht kennt, vermisst man nicht“? Was, wenn ich das so super finde und unbedingt haben will? Und mir am Ende dann doch nicht leisten kann? Genau deswegen bin und bleibe ich zufrieden mit meinen beiden Hybridies.
Fazit
Es gibt keine „one-size-fits-all“-Lösung, wenn es um Rollstühle geht. Letztendlich hängt die Wahl sehr stark von eurem Lebensstil und euren Bedürfnissen ab. Egal für welche Variante ihr euch entscheidet: das Wichtigste ist, dass ihr euch wohlfühlt, und dass der Rollstuhl euch das Leben erleichtert. Denn egal ob manuell, elektrisch oder hybrid, alle Optionen können euch die Freiheit und Mobilität geben, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Ganz nach dem Motto: „Life rolls on!„
